Erstmals in Deutschland wurde eine Straße nach einem im Dienst getöteten Polizeibeamten umbenannt. 26 Jahre nach der Tat und nur einige Hundert Meter vom damaligen Tatort entfernt steht jetzt das neue Kölner Polizeipräsidium am Walter-Pauli-Ring. Bei der Einweihung im Herbst 2001 waren sich Polizeipräsident Klaus Steffenhagen und der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma einig: Der Name Walter Pauli steht stellvertretend für all die anderen im Dienst getöteten Polizeibeamtinnen und -beamten.
Walter Pauli wurde am 16. Januar 1953 in Ochtendung, Kreis Mayen (Rheinland-Pfalz) geboren und wohnte in Gebhardshain, einem kleinen Ort in der Nähe von Betzdorf an der Sieg. Nach seinem Schulabschluss ging er zunächst in eine Schornsteinfegerlehre und qualifizierte sich schulisch über Berufs- und Fachhochschule, das sog. "Einjährige" weiter, bevor er sich dazu entschloss, Polizeibeamter zu werden. Er bewarb sich bei der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen, weil nach seinen Erkundigungen dort die Aufstiegschancen im Vergleich zu Rheinland-Pfalz besser waren und begann am 1. Oktober 1973 an der Landespolizeischule "Carl Severing" in Münster seine polizeiliche Ausbildung, die auf Grund seiner abgeschlossenen Lehre und seiner schulischen Voraussetzungen - wie es seinerzeit möglich war - verkürzt wurde. Als Polizei-Oberwachtmeister (POW) setzte er an der Bereitschaftspolizei-Abteilung (BPA III) in Wuppertal seine Ausbildung fort und gehörte ab September 1974 dem in Stukenbrock abgehaltenen Lehrgang 74/X zur Vorbereitung auf die I. Fachprüfung an. Mit Datum vom 1. Februar 1975 wurde er als Polizei-Hauptwachtmeister (PHW) zum PP Köln versetzt, wo er dem damaligen Schutzbereich Südost in Köln-Kalk zugewiesen wurde.
In Walter Paulis Lebensplanung sollte Köln nur Zwischenstation werden, denn eigentlich bestand sein Ziel darin, zunächst den Aufstieg in den gehobenen Dienst zu schaffen und danach ins heimatnahe Betzdorf versetzt zu werden. Doch tragische und dramatische Umstände führten am Freitag, dem 9. Mai 1975 zum gewaltsamen Tod von Walter Pauli.
Tragisch deshalb, weil die Kette der Zufälle, an deren Ende die tödlichen Schüsse auf den jungen Kollegen fielen, deutlich macht, wie sehr das Leben von Polizeibeamten im Arbeitsalltag gefährdet sein kann.
Ausgangspunkt der für Walter Pauli tödlich endenden Situation war die auf dem Heimweg nach einem Gaststättenbesuch gemachte Beobachtung dreier befreundeter Ehepaare. Ihnen war in Köln-Gremberg im Bereich Gremberger Str./Flammersfelder Str. ein dunkelgrüner PKW der Marke NSU-Prinz aufgefallen, aus dem drei Männer ausgestiegen waren. Nachdem eines der Ehepaare ihre Wohnung in der Kannebäcker Str. erreicht hatte und die Ehefrau auf den Balkon ging, um dort Kleidung zum Lüften aufzuhängen, sah sie diese drei Männer in einer nahegelegenen Stichstraße stehen, die zu einem Parkplatz führt, auf dem es in vergangener Zeit mehrfach zu PKW-Aufbrüchen kam. Nachdem die Männer für einige Zeit aus dem Blickfeld verschwanden, dann wieder aus Richtung Parkplatz zurückkamen, sich kurze Zeit auf der Straße aufhielten und dann wiederum in Richtung Parkplatz gingen, verständigten die Zeugen um 01.12 Uhr die Polizei. Noch während des Anrufs kamen die drei Männer auf die Straße zurück und begaben sich zu dem PKW, in dem sie bereits zuvor durch Zufall gesehen wurden. Kurz darauf trafen fast gleichzeitig drei Streifenwagen, davon ein Zivilwagen mit zwei Diensthundeführern, auf dem Parkplatz vor dem dort gelegenen Supermarkt ein. Noch war Walter Pauli nicht vor Ort.
Der Streifenwagen mit dem Kollegen Pauli traf erst zu einem Zeitpunkt ein, an dem die Kontrolle der verdächtigen Männer bereits begonnen hatte. Während sie noch im PKW saßen und ein Beamter eine Aktentasche mit Werkzeug im Kofferraum durchsuchte, kam der Streifenwagen, in dem Walter Pauli saß, ebenfalls zum Parkplatz. Beide Kollegen stiegen aus und gingen zu den anderen Beamten, die sich am verdächtigen PKW NSU-Prinz aufhielten. Da die verdächtigen Männer nun durchsucht werden sollten, wurden sie aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen. Obwohl zwei Polizeibeamte mit gezogener und entsicherter Schusswaffe die Situation sicherten, riss der Beifahrer des NSU - der 28-jährige Werner Sauber, der in Zürich geboren wurde und später in Berlin studierte, plötzlich die Tür auf, sprang aus dem Wagen und feuerte zwei Schuss aus seiner Schusswaffe auf Walter Pauli ab, der zu diesem Zeitpunkt bereits in unmittelbarer Nähe zum PKW stand. Dieser erwiderte noch das Feuer, wobei er zusammenbrechend seine Waffe leer schoss.
Der flüchtige Beifahrer gab mehrere Schüsse auf einen weiteren Polizeibeamten ab, einen 21-jährigen Polizei-Hauptwachtmeister, der durch einen Bauchschuss sowie einen Treffer in den Oberschenkel zusammenbrach. Ein Diensthundeführer konnte den flüchtenden Beifahrer schließlich überwältigen, nachdem dieser zu Boden gestürzt war und aus seiner leergeschossenen Waffe nicht weiter auf die Polizeibeamten schießen konnte. Der von insgesamt sechs Schüssen getroffene Beifahrer verstarb noch auf dem Weg ins Krankenhaus Köln-Kalk im RTW.
Walter Pauli verstarb noch am Tatort infolge eines Durchschusses im Brustbereich, der das Herz traf.
Der Fahrer des verdächtigen PKW, der 32-jährige Arzt Karl-Heinz Roth, der im Kölner St. Vincenz-Hospital arbeitete, wurde von einem Schuss seines flüchtenden Beifahrers getroffen, der in das Fahrzeug einschlug und im Körper des Fahrers stecken blieb. Beim Herausfallen aus dem Fahrzeug wollte er nach seiner Pistole greifen, weshalb wiederum der bereits schwer verletzte 21-jährige Beamte auf ihn einen Schuss abgab. Gleichzeitig hatte einer der Hundeführer inzwischen seinen Diensthund auf den Fahrer angesetzt, so dass dieser sich in den Arm des Fahrers verbiss und ihn handlungsunfähig machte.
Der dritte Verdächtige, der 24-jährige Roland Otto, konnte, immer noch im NSU sitzend, überwältigt werden, ohne dass dieser in das Geschehen eingriff. Auch er hatte eine geladene Pistole im Hosenbund, die er allerdings nicht zog. Er war nach einem Banküberfall im Jahre 1971 zu einer vierjährigen Jugendstrafe verurteilt worden und wurde seit Januar 1974 mit Haftbefehl gesucht, nachdem er von einem Hafturlaub nicht zurückgekehrt war.
Wie sich später herausstellte, gehörten alle drei Männer zum terroristischen Umfeld der "Bewegung 2. Juni". Werner Sauber, der den 22-jährigen PHW Walter Pauli erschoss, hatte zuvor bereits mehrere Banküberfälle verübt, weshalb gegen ihn Haftbefehl erlassen war. Er war seit 1973 untergetaucht und stand des weiteren unter dem Verdacht, an der Entführung des Berliner CDU-Politikers Peter Lorenz im März 1975 beteiligt gewesen zu sein.
Der 1977 stattfindende Gerichtsprozess gegen den Fahrer sowie den Mitfahrer führte dazu, dass eine Mittäterschaft am Mord von Walter Pauli letztendlich nicht nachgewiesen werden konnte, so dass lediglich Verstöße gegen das Waffengesetz geahndet wurden.
Am 14. Mai 1975 fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Beisetzung von Walter Pauli im heimischen Gebhardshain statt. Tausende Polizeibeamte waren aus dem gesamten Bundesgebiet angereist, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Dass Walter Pauli 26 Jahre später mit der Benennung der Straße Walter-Pauli-Ring eine weitere Ehre erwiesen werden sollte, konnte man damals noch nicht erahnen.